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Continental-Werbespot vs. Struggle

Soundalike einer Filmmusik im Werbespot - Freie Benutzung

Gericht Datum Aktenzeichen Entscheidungsname
OLG München 17. Januar 2002 29 U 2021/00 „Conti vs "Struggle“

Zum Fall:

Wim Mertens „Struggle for Pleasure“ (1983)
vs.
Continental-Werbung „The Car Change“ (1996)
Urteil: Keine Urheberrechtsverletzung
Volltext der Gerichtsentscheidung (Judicalis)

Hörbeispiele

Hörbeispiel 1 (Original):
„Struggle for Pleasure“ (Wim Mertens, 1983)

https://youtu.be/tIkImA_bBls

Hörbeispiel 2:
Continental „Car Change“ (BBS 1996)

https://youtu.be/FrPRz9BISc4

Hauptgutachter

SV W.


Kernaussagen / Leitsatz

Zur Abgrenzung von unfreier Bearbeitung und freier Benutzung im Musikurheberrecht


Zusammenfassung

Der Kläger komponierte 1985 die Musik zu den Film „The Belly Of An Architect“. Der darin enthaltende Titel „Struggle for Pleasure“ (im Folgenden: Struggle) ist Gegenstand. Der Autoreifenhersteller Continental gab 1995 den Werbefilm „The Car Change“ in Auftrag. Die oben genannte Filmmusik wurde als Mood-Musik bzw. Temptrack im Film verwendet. Nachdem die Lizenzverhandlungen gescheitert sind, wurde ein Komponist mit der Anfertigung eines Soundalikes beauftragt. Die Kläger haben geltend gemacht, der zweite Teil des Continental-Werbespots (Takte 5 - 11 und Wiederholung der Takte 5 - 8 in den Takten 13 - 16) sei eine Bearbeitung der Takte 27 - 30 und 51/52 von Struggle for Pleasure.

Diese vier Takte beruhen auf einem harmonischen Modell, folgende Akkorde werden arpeggiert vorgetragen: f-Moll | f-Moll/b6 f-Moll I Es-Dur/sus4 Es-Dur I Des-Dur/sus4 Des-Dur

Das Landgericht war in erster Instanz dem Sachverständigen gefolgt und hatte die Schutzfähigkeit der Akkordfolge anerkannt. Das Berufungsgericht hielt nun die Argumentation des Beklagten für begründet. Die Werbemusik sei ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung eines Teils von Struggle geschaffen wurde und daher ohne Zustimmung der Kläger veröffentlicht und verwertet werden könne.

Das Gericht argumentiert: Zunächst ergibt sich eine Schutzfähigkeit des Filmmusik-Ausschnitt im Gesamtausdruck. Die vier Takte sind gerade eben noch schutzfähig. Zwar sind Arpeggio-Figuren und Harmoniefolge altbekannte Mittel und musikalisches Handwerks, doch es entstand eine geschlossene Form. Maßgeblich sind weder Einprägsamkeit, Erinnerungswert noch das Potenzial für Variantenbildung, sondern allein der Grad an persönlicher geistiger Schöpfung, womit dich das Werk vom rein handwerksmäßigen abhebt. Der Sachverständige hat im Gutachten für das LG die Unterschiede und insbesondere den Klangeindruck inklusive Nebenstimmen und Geräusche im Gesamteindruck nicht ausreichend gewürdigt. Seine Ausführungen waren zudem widersprüchlich und fehlerhaft.


Bedeutung

Soundalikes sind in der Werbemusik, und nicht nur dort, an der Tagesordnung. Sie werden häufig nach gescheiterten Nutzungsverhandlungen in Auftrag gegeben. Hier wurde die freie Benutzung anerkannt, obwohl das Ursprungswerk zu erkennen ist. Die freie Benutzung wurde 2021 abgeschafft, doch es liegt auch nach geltendem Recht ein hinreichender Abstand zwischen den Werken vor.

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Liste der Entscheidungen

Die Reihenfolge ist chronologisch (jüngste zuerst). Klicken Sie auf eine Kurzinfo, um weitere Informationen zu erhalten.
Gericht Datum Entscheidungsname
OLG Hamburg 2022 „Hey, Pippi Langstrumpf“
 Plagiat: schutzfähige Romanfigur im Liedtext
OLG Hamburg 2022 „Metall auf Metall“
 Sampling vs. Kunstfreiheit
LG Berlin 2021 „Kraftwerk“ vs. „Shrin David“
 Bearbeitung von 12 Noten
OLG Hamburg 2018 „FreiWIld“ vs. „Stahlgewitter“
 Doppelschöpfung wg. geringer Beweislast
OLG Zweibrücken 2015 „Barpiano“
 Plagiat von Piano-Arrangements
BGH 2015 „Goldrapper“
 Schutzfähigkeit kurzer verfälschter Samples
LG München 2008 „Still Got The Blues“
 Unfreie Übernahme eines Gitarrenriffs
OLG München 2002 „Conti“ vs "Struggle“
 Soundalike-Werbefilmmusik ist Freie Benutzung
BGH 2002 „Mischtonmeister“
 Schöpfung durch Tonabmischung
OLG München 1999 „Green Grass Grows“
 5 Töne sind nicht schutzwürdig
BGH 1997 „Please Don’t Go“
 Coverversion einer Bearbeitung unzulässig
BGH 1991 „Brown Girl I / II“
 Schutzfähigkeit der Bearbeitung eines Volksliedes
BGH 1988 „Fantasy“
 Melodieentnahme oder Doppelschöpfung
BGH 1988 „Ein bißchen Frieden“
 Gesamteindruck entscheidend
BGH 1980 „Dirlada“
 Geringe Gestaltungshöhe in der Popmusik
BGH 1970 „Magdalenenarie“
 Doppelschöpfung einer „wandernden Melodie“
BGH 1967 „Haselnuss“
 Bearbeitung durch schutzfähiges Arrangement
BGH 1958 „Lili Marleen“
 Übernahme eines Liedtextes

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