Schwarzbraun ist die Haselnuss
Bearbeitung entsteht durch ein schutzfähiges Arrangement
Gericht | Datum | Aktenzeichen | Entscheidungsname |
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BGH | 3. November 1967 | lb ZR 123/65 | „Haselnuss“ |
Zum Fall:„Schwarzbraun ist die Haselnuss“, Volkslied arrangiert von Franz Josef Breuer, eingespielt vom Hanseaten-Blasorchester, veröffentlicht auf Tonträger Odeon 0 20 471 (1953) |
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Urteil: Unfreie Übernahme. | |||
Volltext der Gerichtsentscheidung (PrinzLaw) |
Hörbeispiele
Hörbeispiel 1 (Original):
Aufnahme von 1934
https://youtu.be/IEau15qlb5s
Hörbeispiel 2 (Bearbeitung):
Arrangement von Breuer, Jahn Behrens Und Die Peheiros Mit Dem Hanseaten Blasorchester
https://youtu.be/mpSUR-AMa94 Hauptgutachter
Karl Gustav Fellerer, Hans Joachim Moser
Kernaussagen / Leitsatz
1. Der urheberrechtliche Schutz der Bearbeitung eines Werkes der Musik ist nach dem neuen Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I, 1273) von den gleichen Voraussetzungen abhängig wie nach dem Gesetz zum Schutz von Werken der Literatur und Tonkunst von 1901.
2. Wer die einer urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaft (hier: GEMA) zur Wahrnehmung übertragenen Urheberrechte verletzt, kann den Schadensersatzansprüchen der Verwertungsgesellschaft nicht Ansprüche oder Einwendungen aus seinen Rechtsbeziehungen zu dem ursprünglichen Inhaber der verletzten Urheberrechte entgegenhalten.
Zusammenfassung
Das Vorliegen einer Bearbeitung wurde bejaht. Der BGH folgte weitgehend dem Berufungsgericht und wies die Revision zurück. Es hat darauf hingewiesen, dass die schöpferischen Leistungen weit ausgelegt werden müssten. Es sei keine hohe Schöpfungshöhe erforderlich, denn sonst bliebe ein großer Anteil von Unterhaltungsmusik ohne Schutz. Die Fassung bestimme den Charakter und damit den Erfolg der Aufnahme. Selbst geringe künstlerische Leistungen könnten Schutz genießen. Es gelten für die Bearbeitung die gleichen Voraussetzungen wie beim Originalwerk. Das Arrangement habe eine formgebende künstlerische Tätigkeit. Die Melodie sei übernommen worden. „Die persönliche geistige Schöpfung des Bearbeiters [kann] sich nur in anderen Mitteln der musikalischen Formgebung als dem der Melodie offenbaren.“ Die Zusammenstellung des Orchesters bestimme Klang und Charakter und trüge individuelle Züge. Die Leistung des Bearbeiters bestehe aus der anderen Rhythmisierung und der Entscheidung über die eingesetzten Klangmittel. Entscheidend sei, dass die Kombination noch nicht im Vorbestand war. Das Gericht folgte dem Gutachter Dr. Fellerer, nach dem das Arrangement „einzelne Einfälle enthalte (Bläser-Zwischenrufe, Akkordeonbewegung, Gestaltung des Liedsatzes und des Einleitungssatzes) die als Merkmale eigenschöpferischer Leistung anzusehen seien“. Der Bearbeiter habe den Gestaltungsspielraum ausgenutzt, wie der Vergleich mit anderen Aufnahmen zeigte. Es käme bei einer Bearbeitung darauf an, ob nur eine rein handwerkliche Leistung oder eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.
Bedeutung
Das Leiturteil wird immer zum Schutz von Arrangements zitiert. Andere Urteile stützen sich hierauf. Es besagt, dass Arrangements schutzfähig sein können. Daher kann auch eine Bearbeitung vorliegen, wenn nur das Arrangement umgestaltet und die Melodie übernommen wird. Die Abgrenzung von Bearbeitung und Coverversion hängt oft vom Arrangement ab.
Einschränkung: 1985 wurde der § 3 UrhG (Bearbeitung) um einen dritten Satz erweitert: "Die nur unwesentliche Bearbeitung eines nicht geschützten Werkes der Musik wird nicht als selbständiges Werk geschützt." Seitdem gilt bei Bearbeitung von Volksliedern ein zweiter (strengerer) Beurteilungsmaßstab. Heute könnte ein Gericht den Haselnuss-Fall anders bewerten.