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Dirlada vs. Loop Di Love

Gestaltungshöhe in der Popmusik

Gericht Datum Aktenzeichen Entscheidungsname
BGH 26. September 1980 I ZR 17/78 „Dirlada“

Zum Fall:

Pandelis Ghinis „Ntirlanta (Dirlada)“ 1960
vs.
Juan Bastos „Loop Di Love“ 1970
Urteil: unveröffentlicht
Der GEMA-Eintrag zu „Loop Di Love“ erwähnt Kläger, vermutlich
Volltext der Gerichtsentscheidung (Wolters Kluwer)

Hörbeispiele

Hörbeispiel 1 (Original):
Ntirlanta (Dirlada) 1960

https://youtu.be/iGNVCRwJpGU

Hörbeispiel 2 (vermeintliches Plagiat):
Loop-Di-Love 1970

https://youtu.be/Xg8Q1Jik_ms

Hauptgutachter

Diether de la Motte, Rechtsanwalt F.


Kernaussagen / Leitsatz

Zur Frage des urheberrechtlichen Schutzes eines Werkes der Unterhaltungsmusik: „Die schöpferische Eigentümlichkeit liegt bei Musikwerken in ihrer individuellen ästhetischen Ausdruckskraft. An den individuellen ästhetischen Gehalt dürfen allerdings nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden […] Die formgebende Leistung einer musikalischen Darbietung wird schutzfähig, wenn sie über die handwerksmäßige Anwendung musikalischer Lehren hinausgeht. […] Die Beurteilung bemisst sich dabei nach der Auffassung der mit musikalischen Fragen einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise“.


Zusammenfassung

Der Bundesgerichtshof übergab den Fall zur Neuverhandlung an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg. Es rügte vor allem die unzureichende Auseinandersetzung mit dem musikalischen Sachverhalt. „Loop Di Love“ verwende im Wesentlichen die gleichen Akkorde und Harmonien wie das vorbestehende Werk „Dirlada“. Die Melodien seien sehr einfach aufgebaut und bestünden aus nur drei unterschiedlichen Tönen (a - h - cis). Sie beruhten auf einem im Schlager üblichen Schema. Der Beklagte behauptete, „Dirlada“ nicht gekannt und auf andere griechische Volkslieder u. a. von Schwammtauchern zurückgegriffen zu haben. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass der Beklagte „Dirlada“ gekannt und bewusst aufgegriffen habe. Urheberrechtlich wäre nur die Übernahme von schutzfähigen Werkteilen relevant. Die Gesamtwirkung der Werke im Gesamtgepräge müsse gewürdigt werden. Der BGH rügt, dass sich das Berufungsgericht „ohne Sachverständigenhilfe mit den Ausführungen des Sachverständigen de la M.“ auseinandergesetzt habe. Es müsse zuerst der Schutzbereich durch objektive Überprüfung bestimmt werden. Um den Abstand zwischen Werken zu ermitteln, bildeten die Übereinstimmungen die Grundlage und seien wichtiger als die festgestellten Unterschiede. „Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, hängt von der Gestaltungshöhe des als Vorlage benutzten Werkes ab; denn je auffallender die Eigenart des benutzten Werkes ist, umso weniger werden dessen übernommene Eigenheiten in dem danach geschaffenen Werk verblassen.“


Bedeutung

Auf dieses Urteil verweisen viele weitere Entscheidungen. Es ist ein Grundsatzurteil Zunächst ist der Eindruck eines Musiksachverständigen und nicht des Laien maßgeblich. Ob der Abstand zwischen zwei Werken hinreichend ist bzw. ob die Züge des älteren Werkes verblassen, hängt von der Beschaffenheit der Werke ab und muss im Einzelfall anhand der Gestaltungshöhen im Gesamteindruck festgestellt werden.

Zitiert wird das Urteil vor allem wegen der Hervorhebung des geringen Beurteilungsmaßstabs. Auch die „kleine Münze“ ist geschützt, das heißt einfache, aber gerade noch die erforderliche Schöpfungshöhe erreichende Werke. An den individuellen ästhetischen Gehalt dürfen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden.

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Liste der Entscheidungen

Die Reihenfolge ist chronologisch (jüngste zuerst). Klicken Sie auf eine Kurzinfo, um weitere Informationen zu erhalten.
Gericht Datum Entscheidungsname
OLG Hamburg 2022 „Hey, Pippi Langstrumpf“
 Plagiat: schutzfähige Romanfigur im Liedtext
OLG Hamburg 2022 „Metall auf Metall“
 Sampling vs. Kunstfreiheit
LG Berlin 2021 „Kraftwerk“ vs. „Shrin David“
 Bearbeitung von 12 Noten
OLG Hamburg 2018 „FreiWIld“ vs. „Stahlgewitter“
 Doppelschöpfung wg. geringer Beweislast
OLG Zweibrücken 2015 „Barpiano“
 Plagiat von Piano-Arrangements
BGH 2015 „Goldrapper“
 Schutzfähigkeit kurzer verfälschter Samples
LG München 2008 „Still Got The Blues“
 Unfreie Übernahme eines Gitarrenriffs
OLG München 2002 „Conti“ vs "Struggle“
 Soundalike-Werbefilmmusik ist Freie Benutzung
BGH 2002 „Mischtonmeister“
 Schöpfung durch Tonabmischung
OLG München 1999 „Green Grass Grows“
 5 Töne sind nicht schutzwürdig
BGH 1997 „Please Don’t Go“
 Coverversion einer Bearbeitung unzulässig
BGH 1991 „Brown Girl I / II“
 Schutzfähigkeit der Bearbeitung eines Volksliedes
BGH 1988 „Fantasy“
 Melodieentnahme oder Doppelschöpfung
BGH 1988 „Ein bißchen Frieden“
 Gesamteindruck entscheidend
BGH 1980 „Dirlada“
 Geringe Gestaltungshöhe in der Popmusik
BGH 1970 „Magdalenenarie“
 Doppelschöpfung einer „wandernden Melodie“
BGH 1967 „Haselnuss“
 Bearbeitung durch schutzfähiges Arrangement
BGH 1958 „Lili Marleen“
 Übernahme eines Liedtextes

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